Ab dem 25.05.2018 gilt in ganz Europa ein neues Datenschutzrecht:
Die EU Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO). Am 26.04.2018 veröffentlichen
die deutschen Aufsichtsbehörden ein Positionspapier, welches
den Eindruck erweckt, dass insbesondere der Einsatz von z.B. Google-Analytics
einer expliziten Einwilligung der Website-Besucher bedürfe.
Wir erklären ganz ausführlich die rechtlichen Hintergründe
und diskutieren verschiedene Szenarien, um herauszufinden, was die
Aufsichtsbehörden gemeint haben könnten. Es gibt Gründe
anzunehmen, dass simple Website-Statistiken KEINER Einwilligung
bedürfen.
Von besonderer Wichtigkeit ist eine Stellungnahme der Artikel-29-Datenschutzgruppe
im "WP 194"
im Kapitel 4.3 auf Seite 10: Dort fordert man eine Ausnahme für
Cookies zur internen Website-Statistik. Voilà.
1.) Ein Positionspapier
ändert alles (in Deutschland)? 2.)
Die Stellungnahmen der Artikel-29-Datenschutzgruppe werden relevant 3.)
Was verlangt das DSK-Positionspapier vom Website-Betreiber? 3.1)
Was sind Tracking-Mechanismen? 3.2)
Was ist ein Nutzerprofil? 3.3) Wie
wird eine Einwilligung gegeben? 3.4)
Cookies ganz allgemein 4.) Fazit
1.) Ein Positionspapier ändert
alles (in Deutschland)?
Im Mai 2018 hat ein
Positionspapier der
deutschen Datenschutzkonferenz (DSK) für Furore gesorgt (siehe
Kapitel 13.16.9 im PrivazyPlan®).
Die grundlegende Botschaft lautet: Das Telemediengesetz
ist im Datenschutz nicht mehr anwendbar. Auch die "EU-Cookie-Richtlinie"
2002/58/EG (verschärft
durch die EU-Richtlinie 2009/136/EG)
ist nicht unmittelbar anwendbar. Es zählt allein die EU Datenschutz-Grundverordnung.
(Zum Hintergrund: Eine EU-Richtlinie an sich
ist keine direkt anwendbare Rechtsnorm. Vielmehr sind die nationalen
Gesetzgeber verpflichtet die Forderungen einer EU-Richtlinie im
nationalen Gesetz zu verankern.)
Daher müssen sich
alle Website-Betreiber nun nochmals intensiv
Gedanken machen, wie sie mit Cookies, Tracking und Nutzerprofilen
umgehen wollen.
Mit einem Mal werden alte "Wunden" wieder aufgerissen.
Bis zum 25.05.2018 waren deutsche Website-Betreiber insofern vor
Cookie-Einwilligungs-Plichten geschützt,
weil die "Opt-Out"-Lösung des §
15 Abs. 3 TMG bestand. Berlin und Brüssel waren sich einig,
dass damit der Einwilligungs-Zwang der EU-Cookie-Richtlinie erfüllt
war. Der Grund für diese Einigkeit findet sich wohl im "WP
194" im Kapitel 4.3 auf Seite 10 (dies wird weiter unten
noch näher erklärt).
Dieses Positionspapier wird natürlich von allen Seiten kritisiert
und befeindet:
- Inhaltlich wird bemängelt, dass für Cookies,
Tracking und Nutzerprofile auch das "berechtigte Interesse"
des Artikel
6 (1f) DS-GVO genutzt werden könnte. Es gäbe so
gesehen keinen zwingenden Grund auf eine Einwilligung gemäß
Artikel
6 (1a) DS-GVO abzuzielen. Dann wäre nämlich ein
"Opt-Out" möglich gewesen und nichts hätte
sich geändert.
- Vom Timing her wird bemängelt, dass ein solch
explosives Positionspapier nicht 16 Werktage vor Wirksamwerden
publiziert werden sollte. Dem ist zuzustimmen. Seit dem Beschluss
der DS-GVO im April 2016 stand die Frage im Raum, ob das Telemediengesetz
noch weiter anwendbar ist. Die Fachliteratur hat sich dazu fast
monatlich (sehr kontrovers) geäußert. In unserem
PrivazyPlan® haben wir dieses Thema von Anfang an mit einer
roten "Bombe" markiert. Die deutschen Aufsichtsbehörden
hätten sich problemlos zwei Jahre früher zu Wort melden
können.
Und als wäre das nicht schon genug. Nein, viele deutsche
Aufsichtsbehörden verzichten darauf dieses DSK-Positionspapier
überhaupt zu erwähnen! Die Datenschutzkonferenz-Beschlüsse
werden sehr wohl erwähnt, nicht aber dieses so wichtige Positionspapier.
Es ist quasi "Zufall", ob ein Websitebetreiber von diesem
Papier erfährt.
Dieses DSK-Positionspapier argumentiert explizit mit den "Workingpapers" der Artikel-29-Datenschutzgruppe
(siehe nächstes Kapitel).
Ist dieses Positionspapier rechtlich bindend? Nein. Werden
sich die deutschen Aufsichtsbehörden im Falle einer Beschwerde
daran orientieren? Ja! Sind Abmahnungen zu befürchten, weil
Anwälte mit dem Positionspapier argumentieren? Ja! Mit anderen
Worten: Dieses DSK-Positionspapier ist ernst zu nehmen.
Inwieweit ist alles neu? Das wird ab Kapitel
4 ("Was wird verlangt?") diskutiert und im Kapitel 5 ("Fazit")
zusammengefasst.
2.) Die Stellungnahmen der Artikel-29-Datenschutzgruppe
werden relevant
Das DSK-Positionspapier verweist explizit auf die Stellungnahmen
der Artikel-29-Datenschutzgruppe (siehe Kapitel 13.13.3 im PrivazyPlan®).
Ab dem 25.05.2018 gilt die DS-GVO für Cookies, Tracking
und Nutzerprofile. Daher müssen Website-Betreiber auch die englischsprachigen
Beschlüsse und
Stellungnahmen der Artikel-29-Datenschutzgruppe zu berücksichtigen.
Dies sind insbesondere:
- WP 171: Meinung zu Online-Verhaltens-Werbung (24 Seiten)
- WP 188: Stellungnahme zu einer Einschätzung internationaler
Werbe-Verbände (12 Seiten)
- WP 194: Welche Cookies sind von der Einwilligungspflicht
befreit? (12 Seiten)
Von größter Wichtigkeit ist das "WP
194" im Kapitel 4.3 auf Seite 10. Dort liefert die Artikel-29-Datenschutzgruppe
eine bemerkenswerte Stellungnahme:
However, the Working Party considers that
first party analytics cookies
are not likely to create a privacy risk
when they are strictly limited to first party aggregated
statistical purposes and when they are used by websites that
already provide clear information about these cookies in their
privacy policy as well as adequate privacy safeguards. Such
safeguards are expected to include a user friendly mechanism
to opt-out from any data collection and comprehensive anonymization
mechanisms that are applied to other collected identifiable
information such as IP addresses.
In this regard, should article 5.3 of
the Directive 2002/58/EC be re-visited in the future, the
European legislator might appropriately add a third exemption
criterion to consent for cookies that are strictly limited
to first party anonymized and aggregated statistical purposes.
Diese Einschätzung dürfte wohl dazu geführt haben,
dass der umstrittene §
15 Abs. 3 TMG von Brüssel nicht bemängelt wurde, obwohl
er mit seiner "Out-out"-Lösung zu pseudonymisierten
Nutzungsstatistiken ganz offensichtlich gegen den Wortlaut der novellierten
EU-Cookie-Richtlinie verstieß.
Sind die Stellungnahmen der Artikel-29-Datenschutzgruppe rechtlich
bindend? Nein. Allerdings geht diese Gruppe am 25.05.2018
in den "Europäischen Datenschutzausschuss" über
und hat dann viel Macht (siehe Artikel
68). Insofern haben diese Beschlüsse und Stellungnahmen
ein hohes Gewicht.
3.) Was verlangt das
DSK-Positionspapier vom Website-Betreiber?
Das ist gar nicht so leicht zu sagen. Wir konzentrieren uns hier zunächst auf die strittige Aussage
in Nr. 9 des Positionspapiers, die wir hier übersichtlich zusammenfassen
Einwilligung (in Form einer Erklärung oder
einer bestätigenden Handlung) beim Einsatz von Tracking-Mechanismen,
die das Verhalten von betroffenen Personen im Internet nachvollziehbar
machen und bei der Erstellung von Nutzerprofilen
[...] z.B. wenn Cookies platziert werden (oder darin Informationen
gesammelt werden).
Es gibt hier also drei Themen, die besonders wichtig sind:
- Einsatz von Tracking-Mechanismen, die das Verhalten
von betroffenen Personen nachvollziehbar machen
Was ist
Tracking? Was ist ein Mechanismus? Was ist ein Verhalten? Wann
ist es nachvollziehbar? Warum wird im Plural von "betroffenen
Personen" gesprochen? Bezieht sich die Aussage nur auf
personenbezogenes Tracking (also nicht auf anonymisiertes Tracking)?
- Erstellung von Nutzerprofilen
Was ist ein
Nutzerprofil? Ist es das gleiche wie ein Nutzungsprofil
(also das Klickverhalten einer Person auf einer Website)?
- Informierte Einwilligung im Sinne der DS-GVO in
Form einer Erklärung oder sonstigen eindeutigen Handlung
Was
bedeutet der Bezug auf die DS-GVO? Was ist eine Erklärung?
Was ist eine eindeutige Handlung? Inwieweit spielt die Nachweisbarkeit
eine Rolle?
- Beispielsweise in Cookies
Müssen die
Cookies personenbezogene Inhalte haben oder reicht auch eine
abstrakte Zahl? Welche anderen Mechanismen von Tracking und
Nutzerprofilen sind noch gemeint: Webserver-Logfiles, "Flash-Cookies",
pseudonymisierte Auswertungen in Google-Analytics oder econda
etc.?
Auf diese Punkte wollen wir im Folgenden eingehen:
3.1) Was ist ein Einsatz von Tracking-Mechanismen, die
das Verhalten von betroffenen Personen nachvollziehbar machen
Tja, über welche Tracking-Mechanismen reden wir?
- Extrem-Szenario 1: Webserver-Logfiles
Nehmen wir
hier direkt mal das prominenteste Beispiel, welches auf vermutlich
99% der Websites zutrifft: Die Webserver-Logfiles. Standardmäßig
sind alle Webserver so konfiguriert, dass sie jeden Seitenaufruf
mit Datum und IP-Adresse speichern (meist zeitlich unbegrenzt).
Diese Logfiles sollen das Verhalten von Hackern nachvollziehbar
machen.
=> Ergebnis: Nein, dieses Szenario kann die
Datenschutzkonferenz nicht im Sinn gehabt haben. Man kann den
Hacker einer Website nicht um eine Einwilligung zu Webserver-Logfiles
bitten.
- Extrem-Szenario 2: Tracking im Rahmen von Socialnetwork
(z.B. facebook-Account)
Beispielsweise die Socialmedia-Plugins
von facebook, google, XING etc. sind erwiesenermaßen datenschutzkritisch,
weil sie den Besuch einer Webseite sofort an das Socialnetwork
melden. Hier findet dann nämlich ein personenbezogenes
Tracking statt. Siehe die facebook-Chronik.
Sogar Nicht-Mitglieder sind von diesem Tracking betroffen.
=>
Ergebnis: Ja, dieses Szenario ist hochgradig plausibel. Ein
Website-Betreiber darf das Socialnetwork-Tracking nicht ungefragt
unterstützen. Das Klickverhalten darf nicht "heimlich"
an facebook und Co. gemeldet und dort dauerhaft gespeichert
werden. Aus diesem Grund bietet der heise-Verlag schon sein
vielen Jahren sein Shariff-Modul
an.
Gibt es Szenarios zwischen diesen beiden Extremen? Ja, Tausende.
Aber wer kann da schon die Grenze ziehen?
Hat das DSK-Positionspapier jene harmlosen Website-Statistiken
im Blick gehabt, die beispielsweise von Google-Analytics, Matomo
(ehemals PIWIK) oder econda angeboten werden? Sofern die IP-Adressen
pseudonymisiert (gekürzt) wurden, so werden keine konkreten
Personen dem Tracking unterworfen. Daher waren diese Dienste bisher
auch immer legal nutzbar. Warum sollte sich das durch das DSK-Positionspapier
oder die DS-GVO ändern? Mit Fug und Recht kann man annehmen,
dass hier die Rechtsgrundlage im "berechtigte Interesse"
gemäß Artikel
6 (1f) zu finden ist.
Zugegeben: Der Tracking-"Mechanismus" arbeitet oftmals
zunächst mit der vollen IP-Adresse (um die Klickhistorie erkennen zu können).
Das Tracking-"Ergebnis" (welches der Website-Betreiber
sieht) ist aber anonym. Worauf zielt das DSK-Positionspapier ab:
Auf den Mechanismus oder das Ergebnis? Tja, das ist hier die Gretchenfrage.
Fakt ist: Im Internet ist es ABSOLUT UNVERMEIDLICH, dass die
IP-Adresse einer Person verarbeitet wird. JEDER Webserver muss die
IP-Adresse für einige Millisekunden im Arbeitsspeicher halten,
um die gewünschten Inhalte an den Webbrowser des Nutzers ausliefern
zu können. Aber das ist ja noch kein personenbezogenes Tracking.
Daher ist es durchaus gut begründbar, wenn man anonymisierte
Nutzungsstatistiken NICHT zu den hier diskutierten Trackingmaßnahmen
zählt.
Möglicherweise wird die Datenschutzkonferenz in den nächsten
Monaten klarstellen.
3.2) Was ist eine Erstellung von Nutzerprofilen?
Tja, was ist ein Nutzerprofil?
- Extremszenario 1: Website-Nutzungsstatisken mit aggregierten
Statistiken
In vielen Webserver-Paketen steht die Software
"Webalizer"
zur Verfügung, die das Klickverhalten der Besucher statistisch
aufbereitet: Besucheranzahl, meistgeklickte Webseiten, Datenmenge
etc. Diese Auswertung liefert ein gewisses Nutzungsprofil: Aus
welchen Ländern greift man gerne zu? Welche Seiten sind
besonders attraktiv? Zielt das DSK-Positionspapier hierauf ab?
=> Ergebnis: Nein, diese statistischen
- und nicht personenbezogenen - Nutzungsprofile kann die Datenschutzkonferenz
nicht gemeint haben. (Allerdings sollte der Website-Betreiber
die Software so konfigurieren, dass keine IP-Adressen ausgewertet
werden.)
- Extremszenario 2: Nutzerprofile im Socialnetwork und
Onlinewerbung
Viele Dienste im Internet basieren darauf,
dass sie Persönlichkeitsprofile erstellen, um entweder
passende Werbung zu platzieren oder mit sonstigen "interessanten"
Dingen locken. Hier gilt das Motto: "Ich weiß zwar
nicht genau, wer Du bist, aber DAS hier wird Dich interessieren!!!".
Die
betroffenen Personen werden gläsern. Aus dem eigenen Verhalten
innerhalb oder außerhalb des Internets (und dem Verhalten
der "Freunde") werden Tausende und Hunderttausende
Eigenschaften zu einem sehr aussagekräftigen Nutzerprofil
zusammengetragen.
Beispielsweise der Google-Konzern
hat deutlich Gegenwind erfahren, als er die verschiedenen Nutzerprofile
der einzelnen Dienste zu einem gemeinsamen SUPER-Profil zusammenfassen
wollte.
Diese Nutzerprofile beinhalten: Eigenschaften
(Altersklasse, Geschlecht, Sprache, grobe Schätzung des
Wohnorts, ...) , Interessen (Reiseziele, Technik-Affinität,
...), Charakter (Risikobereit, Gesundheitsorientiert,
..), Verhalten (Zahlungsverhalten, Klickverhalten, Bewegungsverhalten,
Konsumverhalten, ...), Sonstiges (Verbindung zu anderen
Menschen, ...).
Diese Nutzerprofile gelten als "das
Gold der Online-Werbeindustrie". Nur wegen dieser Nutzerprofile
macht facebook einen Milliardengewinn. Er verspricht den Werbetreibenden
zielgruppengenaue Werbekampagnen. Siehe die facebook-Profileinstellungen.
bzw. die facebook-Nutzungsbedingungen
im Punkt 9.
=> Ergebnis: Ja,
diese Socialnetwork-Nutzerprofile sind hochgradig datenschutzrelevant.
Es macht absolut Sinn hier mit Einwilligungen zu arbeiten. Jeder
Mensch soll selbst entscheiden, ob er immer gläserner wird.
Für den Website-Betreiber bedeutet dies: Wenn Informationen
zum Website-Besucher solchen Socialnetwork-Nutzerprofilen hinzugefügt
werden sollen, dann muss die Person vorher einwilligen.
Gibt es Szenarios zwischen diesen beiden Extremen? Ja, Tausende.
Aber wer kann da schon die Grenze ziehen?
Vergessen wir nicht den Artikel
4 (4) DS-GVO: Profiling ist die Analyse bzw. die Vorhersage
von wirtschaftlicher Lage, Gesundheit, persönlicher Vorlieben,
Interessen, Zuverlässigkeit, Verhalten, Aufenthaltsort oder
Ortswechsel einer natürlichen Person. Auch der Artikel
22 thematisiert die "automatisierten Entscheidungen
im Einzelfall einschließlich Profiling". Diese Aspekte
treffen auf die Socialnetwork-Nutzerprofile zu.
Hat das DSK-Positionspapier jene harmlosen Website-Statistiken
im Blick gehabt, die beispielsweise von Google-Analytics, Matomo
(ehemals PIWIK) oder econda angeboten werden? Sofern die IP-Adressen
pseudonymisiert (gekürzt) wurden, so werden hier genau genommen
Nutzungsprofile erstellt. Also keine Nutzerprofile.
Das erscheint auf den ersten Blick vielleicht als eine sprachliche
Spitzfindigkeit, doch gilt hier eine völlig andere Datenbasis
und ein völlig anderer Zweck. Von diesen Website-Statistiken
ist im Ergebnis keine einzelne Person betroffen. Mit Fug und Recht
kann man annehmen, dass hier die Rechtsgrundlage im "berechtigte
Interesse" gemäß Artikel
6 (1f) zu finden ist.
3.3) Informierte Einwilligung im Sinne der DS-GVO in
Form einer Erklärung oder sonstigen eindeutigen Handlung
Das DSK-Positionspapier bezieht sich hier eindeutig auf den Wortlaut
der DS-GVO.
Hierbei gibt es zwei wichtige Aspekte:
- Die "eindeutig bestätigende Handlung"
als Einwilligung
Gemäß Artikel
4 (11) DS-GVO reicht eine Handlung aus. Der Erwägungsgrund
32 nennt konkrete Optionen: - Anklicken eines Kästchens
beim Besuch einer Internetseite, - die Auswahl technischer
Einstellungen für Dienste (Cookie?), - eine andere Verhaltensweise
die Einverständnis signalisiert (wohl z.B. Hyperlink-Klick) Die
Einwilligungs-Aufforderung sollte in klarer und knapper Form
geschehen.
- Die Nachweisbarkeit der Einwilligung
Die DS-GVO
fordert im Artikel
7 (1), dass eine Einwilligung nachweisbar sein muss. Das
ist im Kontext einer Website nicht trivial, denn man kennt den
jeweiligen Website-Besucher ja in aller Regel nicht persönlich.
Keinesfalls muss man die Einwilligungen der Besucher personenbezogen
dokumentieren (das legt der Artikel
11 nahe). Wie könnte man es sonst machen?
-
Im Falle des anklickbaren Kästchens: Die Website
wird so programmiert, dass ohne das Setzen eines Häkchens
die fragliche Verarbeitung nicht stattfinden kann. Dies wäre
dann eine Art "Verriegelung". Im Idealfall - sofern
möglich - würde man irgendwo einen Text hinterlegen
wie "Sie haben diesem Dienst zugestimmt, indem Sie ein
Häkchen gesetzt haben". Mehr Nachweis geht nicht.
-
Das Szenario einer technischen Einstellung könnte
auf Cookies abzielen. Die Existenz eines "Opt-In"-Cookies
ist ein gewisser Nachweis. Der Nutzer selbst kann dies im Browser
kontrollieren. Und der Website-Betreiber kann die Cookie-Existenz
in der Website ebenfalls anzeigen. Das ist durchaus eine passable
Form des Nachweises. Leider sind Cookies aber jederzeit löschbar;
insofern kann kein sicherer Nachweis für die Vergangenheit
erbracht werden.
- Andere Verhaltensweisen, die
Einverständnis signalisieren, sind ein weites Feld. Das
Anklicken von Buttons oder Hyperlinks gehört ganz bestimmt
dazu. Die "Like"-Buttons sind ein gutes Beispiel dafür.
Allerdings ist die Nachweisbarkeit extrem schwierig.
Die
obigen Beispiele machen deutlich, dass die Nachweisbarkeit von
"eindeutig bestätigenden Handlungen" schwierig
ist. Der Website-Betreiber sollte jede zumutbare Anstrengung
unternehmen.
Ganz nebenbei: Sollten "sensible" Daten betroffen sein,
so muss die Einwilligung dies gemäß Artikel
9 (2a) ausdrücklich einbeziehen. Falls sich die Website
direkt an Kinder wendet, so muss die Einwilligung gemäß
Artikel 8 (1)
durch die Träger der elterlichen Verantwortung bestätigt
werden. Wenn all dies gegeben ist, dann ist eine Verarbeitung gemäß
Artikel
6 (1a) rechtmäßig.
3.4) Und wie ist das mit den Cookies ganz allgemein zu sehen?
Es gibt verschiedene Szenarien:
- Die Cookies sind für den Betrieb der Website notwendig
Dies
trifft zu für Sprach-Grundeinstellungen und seitenübergreifende
Formulare. Das Workingpaper "WP
194" der Artikel-29-Datenschutzgruppe
beschreibt dies klar und deutlich. Typischerweise sind die Session-Cookies.
Im Falle eines Warenkorb-Cookies ist eine mehrstündige
Löschfrist zulässig.
- Die Cookies dienen der Vertragserfüllung
Bei
registrierten Website-Besuchern sind erforderliche (!) Cookies
zulässig. Das bestätigt auch das DSK-Positionspapier
in der Nummer 6 und 7 hinsichtlich Artikel
6 (1b).
- Die Cookies betreffen Socialnetworks und große
Werbenetzwerke
Hier besagt das obige Workingpaper "WP
194" dass eine Einwilligung erforderlich ist. Siehe
dort in den Kapitel 4.1 und 4.2.
- Die Cookies dienen der internen Nutzungsstatistik
Und
jetzt kommt die Frage der Fragen: Was ist mit den Cookies zur
internen Nutzungsstatistik? Hier lohnt es
sich unbedingt das "WP
194" im Kapitel 4.3 zu lesen
(siehe oben)!
Die Artikel-29-Gruppe sieht hier keine besonderen Gefahren für
die Persönlichkeitsrechte und sieht keine Notwendigkeit
für eine Einwilligung. Der EU-Gesetzgeber wird sogar aufgefordert
diese Art von Nutzungsstatistiken explizit als Ausnahme zur
formulieren!
Die Rechtmäßigkeit eines jeden einzelnen Cookies muss
also geprüft werden. Siehe Kapitel 13.16.9 im PrivazyPlan®.
4.) Fazit
Was folgt für einen normalen Website-Betreiber aus
dem DSK-Positionspapier und den hier vorliegenden Überlegungen?
Die Konsequenzen kann letztlich nur die jeweilige Datenschutz-Aufsichtsbehörde
beurteilen. Das gemeinsame DSK-Positionspapier erklärt weder
die Begrifflichkeiten, noch begründet es seine Ergebnisse. Insofern
ist jeder Website-Betreiber auf sich selbst gestellt. Leider.
4.1) Hier sind Einwilligungen zu Tracking und Nutzerprofilen
erforderlich... und sinnvoll !
Die Überlegungen der vorangegangenen Kapitel bringen zwei
überzeugende Erkenntnisse:
- Ohne Einwilligung darf kein Website-Tracking im Kontext
mit Socialnetworks (facebook etc.) unterstützt werden.
Jegliche Weitergabe von Klickverhalten durch Socialmedia-Plugins
etc. darf nicht ohne Erlaubnis geschehen. Das ist keine neue
Erkenntnis, sondern war auch schon VOR dem DSK-Positionspapier
die herrschende Meinung. (Das gilt wohl auch für alle anderen
großen Werbenetzwerke.)
- Ohne Einwilligung dürfen Nutzerprofile im Kontext
mit Socialnetworks (facebook etc.) nicht mit neuen Merkmalen
erweitert werden. Dadurch würde der Nutzer immer gläserner
und daher muss er dies explizit erlauben. Hier kommen die Cookies
ins Spiel. (Das gilt wohl auch für alle anderen großen
Werbenetzwerke.)
Diese beiden Erkenntnisse sind unbestreitbar sinnvoll. Die Aufsichtsbehörden
weisen zurecht auf diese Aspekte hin. Auf dieser Ebene verstanden
ist das DSK-Positionspapier auch nicht "zu spät"
publiziert, denn es betont nur nochmal geltendes Recht. Genauso
wie die DS-GVO auch, so will dieses DSK-Positionspapier vor allem
die "Macht" der Socialnetwork-Kartelle begrenzen.
Was das Stichwort "Cookies" angeht: Das DSK-Positionspapier
unterwirft ja nicht alle Cookies der Einwilligungs-Pflicht, sondern
jene, die mit dem Tracking bzw. den Nutzerprofilen zusammenhängen.
Das macht im Zusammenhang mit den obigen Erkenntnissen durchaus
Sinn. Auch das "WP
194" schätzt die Lage so ein.
In besonderem Maße betreffen diese Regelungen die Socialnetworks
selbst. Aber auch die Hersteller von SmartTVs müssen das berücksichtigen
(siehe LG Frankfurt Urteil vom 10.06.2016, Az. 2-03 O 364/15).
4.2) Hier kann man über die Notwendigkeit und den Sinn
von Einwilligungen streiten...
Jenseits der Belange der Socialnetworks wird es schwierig. In
den obigen Kapiteln wurden ja zwei extrem "triviale" Szenarien aufgeführt.
Wo werden die Datenschutz-Aufsichtsbehörden die Grenze ziehen?
Wir wissen es nicht. Das muss jeder Website-Betreiber für sich
selbst entscheiden.
Betrifft die umstrittene Einwilligungs-Forderung des DSK-Positionspapiers
nun wirklich auch jene harmlosen Website-Statistiken, wie beispielsweise Google-Analytics, Matomo
(ehemals PIWIK) oder econda? Aus den Überlegungen der obigen
Kapitel ist das nicht anzunehmen. Vielmehr stellt wohl das "berechtigte
Interesse" gemäß Artikel
6 (1f) die Rechtsgrundlage dar. ABER: Die Website-Besucher
könnten ein überwiegendes Gegeninteresse haben; daher
sollte unbedingt ein Opt-Out angeboten werden (wie es auch schon
vor dem 25.05.2018 Pflicht war).
4.3) ... und was schreibt man nun in der Datenschutz-Unterrichtung?
Der folgende Text könnte für Klarheit sorgen:
Sehr geehrte Website-Besucher,
möglicherweise
haben Sie von dem Positionspapier der deutschen Datenschutzkonferenz
gehört, wo unter der Nummer 9 auch kurz das Thema
"Einwilligung" im Zusammenhang mit "Tracking-Mechanismen
und Nutzerprofilen" erwähnt ist.
Wir haben uns
intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt und kommen zu dem
folgenden Ergebnis: Eine Einwilligung ist in der Tat wichtig,
wenn es um Tracking und Nutzerprofile im Rahmen von Socialnetworks
(facebook, google+, Xing etc.) oder in großen Werbenetzwerken
geht.
[Option 1:] Unsere Website
nimmt keinen Kontakt zu solchen Socialnetworks auf, um
dort Ihr Surfverhalten tracken zu lassen oder dort irgendwelche
Nutzerprofile zu ergänzen. Dementsprechend holen wir auch
keine solchen Einwilligungen von Ihnen ein.
[Option
2:] Unsere Website nimmt durchaus Kontakt zu solchen
Socialnetworks auf. Durch Ihren Mausklick auf "Like"-Buttons
ergänzen Sie Ihr jeweiliges Nutzerprofil. Durch die von
ihnen vorgenommene Aktivierung der Socialmedia-Plugins wird
Ihre Chronik im jeweiligen Socialnetwork ergänzt. [...]
All dies geschieht allein durch Ihre eindeutig bestätigende
Handlung und wird als Einwilligung gewertet.
Nach unserem
Verständnis (und nicht nur unserem) bedeutet das oben genannte
Positionspapier nicht, dass wir für unseren internen
Website-Nutzungs-Statistiken eine Einwilligung einholen
müssen. Wir teilen die Auffassung der Artikel-29-Datenschutzgruppe
im Workingpaper-194
(im Kapitel 4.3 auf Seite 10), dass kein Risiko für Ihre
Rechte und Freiheiten besteht. Auch die Aufsichtsbehörden
haben sich in dem obigen DSK-Positionspapier ganz explizit diesem
europäischen Rechtsverständnis angeschlossen.
Seien Sie versichert, dass diese Statistiken im Ergebnis
in keiner Form personenbezogen sind. Diese Statistiken sind
für unser Unternehmen von großer Wichtigkeit und
wir sehen darin ein berechtigtes Interesse; falls Sie dem widersprechen
möchten, so bieten wir Ihnen selbstverständlich gerne
eine "Opt-Out"-Möglichkeit an. [...]
5.) Literatur und Informationsquellen
Hier finden Sie weiterführende Quellen, die das Verständnis
noch weiter verbessern:
- Fachzeitschrift "DuD" 08/2016 Seite 523-527
("Einbettung von Drittinhalten im Web")
Zeig
auf, welche Drittinhalte und -Dienste eine Website einbindet.
Gerade im Gesundheitsbereich kann das sehr kritisch sein. Gut
verständlich geschrieben.
- Einschätzung der Gesellschaft für Datenschutz
und Datensicherheit e.V. ("GDD")
Es wird argumentiert,
dass das Tracking von Nutzerverhalten auf Websites ähnlich
wie "Direktwerbung" zu werten sei, und daher ein berechtigtes
Interesse darstelle. Hingegen sein die Beeinträchtigung
"umfassender Werbenetzwerke" höher und daher
wohl Einwilligungspflichtig. Diese Einschätzung deckt sich
100%-ig mit der hier im Artikel begründeten Meinung.
Nutzen Sie
den PrivazyPlan®, um
auch bei solch komplizierten Fragestellungen immer
auf dem aktuellen Stand zu sein.
SecureDataService, Dipl.
Ing. (FH) Nicholas Vollmer Datenschutz
/ Impressum
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